Gartenflora 1894, p. 225-229
Article Courtesy of the SNHF Library

Eduard Ortgies.

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Eduard Ortgies wurde geboren den 19. Februar 1829 in Bremen. Auf Wunsch seines Vaters, der als eifriger Blumenfreund einen grossen Garten besass, erwählte er den Gärtnerberuf und trat am 1. Mai 1844 in der grossen Handelsgärtnerei von H. Böckmann in Hamburg in die Lehre. - Nach vollendeter 3jähriger Lehrzeit blieb er noch bis Ende Dezember 1847 bei Böckmann, durfte dann vor seiner Rückkehr ins Vaterhaus die bedeutendsten Gärtnereien von Berlin, Potsdam, Magdeburg, Leipzig, Dresden, Erfurt und Hannover besuchen und ging darauf nach London, wo er am 1. März 1848 bei A. Henderson & Cie., Pineapple Place Nursery als Gehilfe eintrat. Der Revolutionssturm, der gleich darauf von Paris aus über Deutschland und Oesterreich hinbrauste, aber in England in der Chartistenbewegung nur schwache Wellen erregte, hinderte den jungen lernbegierigen Gärtner nicht, fleissig an seiner Fortbildung zu arbeiten und die gebotene reiche Gelegenheit zur Vermehrung seiner Kenntnisse eifrig auszunützen.

Im Mai 1849 fand er Anstellung in Chatsworth *), dem mit verschwenderischer Pracht hergestellten Landsitze des Herzogs von Devonshire. Chatsworth, wegen seiner grossartigen Wasserwerke, seiner Riesenfontaine, seines Wintergartens, damals und wohl jetzt noch das grösste Gewächshaus der Welt, wegen seiner für damalige Zeit schon sehr bedeutenden Orchideensammlung u. s. w. einen Weltruf geniessend, das alljährlich viele tausende Besucher anzog. Der geniale Schöpfer dieses Fürstensitzes, der Obergärtner Joseph Paxton, einige Jahre später von der Königin geadelt als Sieger in der Konkurrenz für die Pläne eines Weltausstellungsgebäudes (erste Weltausstellung in London 1851) und des Krystallpalastes in Sydenham, übergab dem jungen Deutschen als ein Zeichen seines Wohlwollens und Vertrauens die spezielle Pflege der Victoria regia. Diese Königin der Wasserpflanzen existierte im Sommer 1849 erst in 6 aus importierten Samen im k. botanischen Garten von Kew erzogenen Exemplaren. Drei dieser Sämlinge wurden anfangs August verschenkt an die 3 grossen Gärten von Chatsworth, Syonhouse und Regents Park, und diese wetteiferten nun mit Kew um die Ehre, die erste Blüte der Victoria regia in Europa zu erzielen. - In diesem Wettstreit siegte Chatsworth. Am Abend des 8. November 1849 konnte Ortgies seinem Chef die Meldung machen, dass die erste Knospe im Aufblühen begriffen sei. Sofort wurde die Freudenbotschaft an Ihre Majestät die Königin telegraphiert und ebenfalls die ersten englischen Botaniker, Hooker, Lindley, Bentham etc., benachrichtigt und eingeladen, nach Chatsworth zu kommen. Am folgenden Abend war eine illustre Gesellschaft im hell erleuchteten Victoriahause versammelt, um dem zweiten Aufblühen beizuwohnen. Die Zeitungsreporter beeilten sich, die sensationelle Botschaft vom ersten Blühen der Victoria regia aller Welt mitzuteilen. - Van Houtte, der unternehmende Gründer einer schnell zu Weltruf gelangten Handelsgärtnerei und eines illustrierten Gartenjournals, der "Flore des serres et jardins de I'Europe", das ebenfalls nicht wenig zum raschen Emporblühen des Etablissement Van Houtte in Gent beitrug, brannte vor Verlangen, auf dem Kontinent der erste zu sein, der die Victoria regia in Kultur hätte. Sein Kulturchef Roezl, der später durch seine zahlreichen Einführungen berühmt gewordene Reisende, hatte Ortgies im Sommer 1848 in London kennen gelernt. Van Houtte beauftragte ihn im Februar 1850, an Ortgies zu schreiben, er möge Paxton um einen Sämling der Victoria bitten; falls Paxton einwillige, würde er Ortgies unter günstigen Bedingungen engagieren für die Kultur der Wasserpflanzen und Orchideen. - Obwohl damals erst 4 Samen gekeimt hatten und Paxton von allen Seiten mit Anfragen bestürmt wurde, entsprach er doch sofort diesem Wunsche, dabei ausdrücklich betonend, dass Ortgies als Pfleger der Victoria und Erzieher der Sämlinge das erste Anrecht habe, bei Verteilung der Pflanzen berücksichtigt zu werden. Am 1. April 1850 trat Ortgies bei Van Houtte ein und nach seinen Plänen wurde der Bau des Victoriahauses begonnen. Erst am 6. August konnte die bisher im Kübel in einem kleinen Bassin provisorisch untergebrachte Victoria in das neue geräumige Bassin ausgepflanzt werden, wo sie alle Bedingungen zu einem üppigen Gedeihen vorfand und rasche Fortschritte machte, so dass schon am 5. September, also nur 4 Wochen später, sich die erste Blüte öffnete, umgeben von einem Hofstaat von Nymphaea-Arten in voller Blütenpracht. - Durch Kreuzung der Nymphaea dentata mit N. Rubra erzog Ortgies im Sommer 1851 den ersten Nymphaea-Bastard, die in der "Flore des serres 8 t. 775, 776" abgebildete Nymphaea Ortgiesiano-rubra Pl.**), und einen weiteren Erfolg erzielte er später mit der prachtvollen australischen N. gigantea, die er zuerst zum Blühen und Samentragen brachte.

Schon im Frühjahr 1851 nahm Van Houtte ihn ins Bureau und übergab ihm die deutsche und englische Korrespondenz, die Ausarbeitung der Kataloge etc., neben der Oberleitung der Wasserpflanzen- und Orchideenkulturen, die Ortgies sich ausdrücklich vorbehalten hatte, um nicht ganz ans Büreau gebunden zu sein. Zwischen hinein machte O. Geschäftsreisen nach England, Deutschland, Dänemark etc. und erwarb sich einen grossen Bekannten- und Freundeskreis. - Im Sommer 1855 erhielt er einen Ruf als Obergärtner an den botanischen Garten in Zürich, dem er Folge leistete, so ungern er das Etablissement und die ihm lieb gewordene Familie Van Houtte verliess. -- Sein Vorgänger in Zürich, der unermüdlich fleissige Dr. E. Regel, der es als Direktor des Kais. botanischen Gartens in St. Petersburg zu hohen Ehren und Würden brachte, hatte ihm keine leichte Stellung hinterlassen. Der Züricher botanische Garten, schwach dotiert, sollte durch Pflanzen- und Samenhandel sich die nötigen Subsistenzmittel verschaffen, ohne die eigentlichen wissenschaftlichen Zwecke zu vernachlässigen, da er nicht nur der kantonalen Universität, sondern auch dem damals neu gegründeten, aber rasch aufblühenden eidgenössischen Polytechnikum das für die botanischen Vorlesungen nötige Pflanzenmaterial zu liefern hatte. - Ortgies verstand es, durch den Handel nicht nur die nötigen Subsistenzmittel zu beschaffen, sondern darüber hinaus bedeutende Erträge zu erzielen, die im Umbau der alten Gewächshäuser, im Neubau weiterer Gewächshäuser, in Anlage einer Wasserleitung, einer Felspartie für Alpenpflanzen u. s. w. ihre nützliche Verwendung fanden. -- In Anerkennung seiner Leistungen erhielt er nach 20jähriger Dienstzeit von der hohen Regierung den Inspektortitel und eine namhafte Aufbesserung seines Gehaltes. Er interessierte sich besonders für Einführung neuer oder doch seltener Pflanzen und wusste bald überseeische Verbindungen anzuknüpfen, die ihm persönlich allerdings nur Extraarbeit, Mühe und Sorgen, der Gartenkasse aber namhaften Gewinn und dem Garten einen Zuwachs an seltenen Pflanzen, namentlich an Orchideen, und einen ehrenwerten Ruf im In- und Auslande eintrugen. - Alle die zahlreichen Sendungen von Roezl kamen durch seine Vermittlung an den Markt, von Zürich aus leitete er ein grosses Importgeschäft, hielt zahlreiche Auktionen in London und stand mit den ersten Handelsgärten Englands, Belgiens und Deutschlands in regem Geschäftsverkehr. Wenn Roezl seine letzten Lebensjahre als wohlhabender Hausbesitzer in behäbiger Ruhe verleben durfte, ein Loos, das leider wenigen Sammlern vergönnt ist, so verdankte er das ganz allein seinem gewissenhaften, treubesorgten Freunde Ortgies. Nach Roezl bewarb sich der verdiente Reisende Wallis um den Beistand des bewährten Agenten. Leider konnte Ortgies ihm nur wenige Jahre seine Hülfe gewähren, da Wallis bald erkrankte und langsam hinsiechte, bis er im Spital von Guayaquil die müden Augen schloss. -Nach Wallis meldeten sich Lehmann in Columbien und Pfau in Costa Rica, beide sandten ihre wertvollsten Funde dem Züricher botanischen Garten und zwischen hinein sind noch Fuchs in Guatemala, Garnier in Cuba, Gaibrois und Bruchmüller in Columbien, Besserer in Mexico zu nennen, die ebenfalls die Agentur von Ortgies gerne benutzten. - Es würde hier zu weit führen, näher einzugehen auf die zahlreichen Einführungen der genannten Reisenden, die durch Ortgies im Laufe der 38 Jahre seiner Amtsthätigkeit in Zürich vermittelt wurden. Wenn er heute sich ins Privatleben zurückzieht und sein 50jähriges Gärtnerjubiläum in seiner bescheidenen Häuslichkeit in Kilchberg bei Zürich im Kreise der Seinen feiert, wird er mit Befriedigung zurückblicken dürfen auf ein Leben voller Mühe und Arbeit, dem ein freundlicher Lebensabend folgen möge! -

Eine Anzahl seiner Freunde ist zusammengetreten, um dem verdienten Mann an seinem Jubiläumstage, den 1. Mai, eine Adresse und eine Ehrengabe zu überreichen. Möge er darin einen Beweis sehen, dass sein rühmliches Streben, sein rastloser Eifer in den weitesten Kreisen, in allen Landen die wärmste Anerkennung gefunden haben, und diese Anerkennung seiner Fachgenossen wird der schönste Lohn für ihn sein. Wir werden in nächster Nummer genauer über den Verlauf des Festes berichten.

*) Siehe Heinrich Fintelmann's Beschreibung von Chatsworth mit Abbildingen in Wittmack's Gartenzeitung 1882, S. 31 und 76.

**) Die Tafel trägt die Bezeichnung Nymphaea hybrida Ortgiesii V. H. Im Text S. 67, der von J. E. P. (Planchon) geschrieben ist, steht aber Nymphaea Ortgiesiano-rubra und dieser Name findet sich später auch überall; so ist die Tafel auch in Pritzel Icones Plantarum citiert, wo freilich als Autor Van Houtte gesetzt ist. Planchon sah die N. dentata des Van Houtte'schen Gartens als verschieden von der N. Dentata Hooker an und nannte sie N. Ortgiesiana, daher der Name Ortgiesiano-rubra.

Eduard Ortgies - Gartenflora 1894, English Translation by Werner Wallner

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